Eine Reise gegen das Vergessen

Bericht

Teilnehmende Schüler*innen unserer Gedenkstättenfahrt nach Polen der Lernwerft in Kiel  berichten in dem Text von ihren Erlebnissen und Erfahrungen auf der Reise. Was haben sie gelernt und mitgenommen? Was hat sie besonders bewegt?

Lesedauer: 3 Minuten
Die Reisegruppe von der Gedenkstättenfahrt 2025 steht vor dem Mahnmal Westerplatte in Danzig.
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Die Reisegruppe vor der Westerplatte in Danzig.

Dank der Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein, welche sowohl finanziell als auch zwischenmenschlich war, konnten wir als 12. Klasse der Lernwerft Schule Kiel eine Gedenkstättenfahrt nach Polen unternehmen. Der Fokus unserer Reise war die Aufarbeitung des Lebensalltags homosexueller Männer während der NS Zeit. 

Wir residierten also vom 16. bis zum 22. Juli 2025 in Gdynia, der Partnerstadt Kiels. Als Vorbereitung auf unsere Exkursion besuchte uns ein Team der Heinrich Böll Stiftung Schleswig-Holstein. Gemeinsam besprachen wir den historischen Kontext der Reise, unsere Absichten und zentralen Fragen. Das Ziel unserer Reise würde Stutthof sein, ein Konzentrationslager der Nationalsozialisten. Für die meisten von uns sollte dies der erste Besuch eines Konzentrationslagers sein. Die Vorbereitung der Reise, und natürlich auch die Reise selbst, waren also mit einer Mischung von Antizipation und Beklommenheit verbunden. 

Die ersten Tage in in Polen beschäftigten wir uns überwiegend mit der Stadt Gdynia. Am ersten Tag, dem 17. Juli, waren wir zu einem Treffen mit der stellvertretenden Bürgermeisterin, Oktawia Gorzeńska, verabredet. Gemeinsam mit den Vorsitzenden verschiedener Abteilungen, wie beispielsweise der Abteilung für Menschenrechte (Marta Otrębska), konnte uns die stellvertretende Bürgermeisterin viele spannende Fragen bezüglich der Entwicklung Gdynias beantworten. Sie erzählte uns über die Zukunftsperspektiven der Hansestadt und ihrem Ziel, die Jugend so viel wie möglich in die Politik miteinzubeziehen. Auch das Thema des Zweiten Weltkrieges wurde angesprochen, jedoch überwogen die Bestrebungen der stellvertretenden Bürgermeisterin, den Blick auf die Zukunft zu richten. 

Auch der Besuch im „Muzeum Miasta Gdnyni“, dem Stadtmuseum, und der Besuch des Emigrationsmuseums am darauffolgenden Tag brachte uns die komplexe Geschichte der Stadt näher. Wir nahmen Teil an einer ausführlichen Stadtführung, und hatten die Möglichkeit, die historischen Ecken Gdynias zu erkunden. 

Die Reisegruppe Gedenkstättenfahrt 2025 steht an einem Kai. Eine Stadtführerin erklärt etwas.
Stadtführung durch Gdynia.

Der Besuch in Stutthof stellte uns alle auf die Probe. Schon bei der Einfahrt des Busses auf das Gelände machte sich ein schweres, mulmiges Gefühl breit. Unsere Führung dauerte circa drei Stunden, doch das Gesprochene hing noch viele weitere Stunden, wenn nicht Tage nach. 

Am Folgetag beschäftigten wir uns mit Einzelschicksalen aus dem KZ Stutthof. Wir lasen Berichte, Tagebucheinträge, schauten uns Fotos an. Ein jeder von uns trat verändert aus diesem Raum. Es genügte das Gefühl, das Bewusstsein, den selben Boden unter den Füßen zu spüren wie so viele zum Tode verurteilte Menschen, um auch den härtesten Kern zu erweichen. 

Hinter einer Glasscheibe liegen Tausende von Schuhen von Opfern des Holocausts in der Gedenkstätte Stutthof.
Tausende Schuhe der in der Gedenkstätte Stutthof Ermordeten.

Auch der Besuch der Westerplatte am 21. Juli war ein beeindruckendes Erlebnis. Neben Gdynia durften wir an diesem Tag auch noch die wunderschöne und geschichtsträchtige Stadt Gdansk kennenlernen, wofür uns drei unserer Klassenkameraden eine Führung vorbereitet hatten. 

Zwei Tage nach der Heimreise fand die Nachbesprechung statt, begleitet von einem Interview der ARD. Dies bot uns den Rahmen, unsere Erlebnisse und Gefühle zu reflektieren und auszutauschen. Erneut entstand ein großes Gefühl der Verbundenheit in der Klassengemeinschaft, da wir alle gemeinsam diese bedeutungsschwere Reise unternommen hatten. 

Was bleibt, ist ein neues Bewusstsein, und ein noch stärkeres Verlangen zu sagen: Nie wieder ist jetzt. 

Wir danken der Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein, die es uns erst möglich machte, diese Reise gegen das Vergessen anzutreten.

 

Die Gedenkstättenfahrt wurde durch das BMFSFJ, das Bundesprogramm “Jugend erinnert” und die IBB gGmbH Dortmund, die Zentralstelle zur Förderung von Gedenkstättenfahrten, gefördert. 

Logos vom BMFSFJ, von Jugend erinnert, vom IBB Dortmund