Unvereinbarkeitsbeschluss mit AfD-nahen Stiftungen

Statement

Der Verbund der Heinrich-Böll-Landesstiftungen lehnt jede Zusammenarbeit mit AfD-nahen Stiftungen und Vereinen ab.

Zu sehen ist ein mit Kreide gemaltes Megaphon, links im Bild. Rechts daneben steht in Kreide "Say no".

Die AfD-nahen Stiftungen als Teil eines extrem rechten Netzwerks

Die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES), andere AfD-nahe Stiftungen und kommunalpolitische Vereinigungen können als antidemokratische Akteur:innen eingeordnet werden. Das ergibt sich zum einen aus der Nähe zur AfD, die auf Basis mannigfacher Literatur als völkisch und antidemokratisch, als Teil extrem rechter Netzwerkstrukturen und mitunter als faschistisch eingestuft wird.i Zum anderen hat die DES maßgebliche Verknüpfungen in die extreme Rechte, und zwar besonders die sogenannte Neue Rechte,ii die sich strategisch auf die autoritären Denker der Konservativen Revolution beruft, sich jedoch nur oberflächlich vom Nationalsozialismus abgrenzt. Weil die DES aber auch die anderen AfD-nahen Stiftungen in diesem ideologischen politischen Milieu anzusiedeln sind, können sie inhaltlich als antidemokratisch und teilweise extrem rechts vorausgesetzt werden. Sie sind Teil eines Netzwerks von Antidemokrat:innen.

Widerspruch zwischen antidemokratischen Trägern und der Heinrich-Böll Stiftungen

Die ideologischen Grundlagen völkischer Nationalismus, Antifeminismus, Antiliberalismus und autoritäre politische Ordnungsvorstellungen widersprechen den inhaltlichen Grundpfeilern der Heinrich-Böll-Stiftungen fundamental. Wir bilden für eine demokratische, geschlechtergerechte, ökologische, offene und solidarische Gesellschaft auf Basis der Menschenwürde und der Menschenrechte. Wir kritisieren die Arbeit antidemokratischer Träger, weil sie Ungleichheit und Diskriminierung zum Inhalt hat, weil sie Herrschaftsverhältnisse verschleiern oder verstärken will und Kontroversität zerstört.

Bildungsauftrag der Heinrich-Böll Stiftungen

Der Auftrag unserer Stiftungen ist die politische Erwachsenenbildung. Wir verteidigen den Bildungsbegriff gegen Institutionen, die Fake News und Verschwörungsideologien verbreiten und damit den Begriff der Bildung aushöhlen oder zerstören.

Die Rolle und die staatliche Finanzierung der parteinahen Stiftungen in Deutschland (und Österreich) sind einzigartig, eine direkte Folge der Befreiung vom Nationalsozialismus. Man hat aus Weimar die Lehre gezogen, dass Gesetz und Parteien allein nicht ausreichen, Demokratie zu erhalten und dass es gut ist, tiefergehend in die Gesellschaft hineinzuwirken. Mit Angeboten zur politischen Bildung und zur Beteiligung an der politischen Debatte sind die parteinahen, aber unabhängigen Stiftungen als Teil der Reeducation entstanden. Ihr Auftrag ist entstehungsgeschichtlich antifaschistisch und demokratisch.

Politische Bildung trägt zur Emanzipation und freien Entfaltung der Einzelnen und der Gesellschaft bei. Sie muss sich (selbst-) kritisch mit Herrschaftsverhältnissen und sozialer Ungleichheit auseinandersetzen. Sie stärkt Kontroversität und Pluralität. Autoritäre und extrem rechte Formate sind in diesem Sinne nicht als Bildung zu bezeichnen, weil ihr Ziel eine geschlossene Gemeinschaft ist, die die Einzelnen entweder ausschließt oder in rigide Rollen zwanghaft einschließt.

 

i Vgl. u.a: Weiß, Volker. Die autoritäre Revolte / Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes. Stuttgart: Klett-Cotta, 2017; Baeck, Jean-Philipp. „Unter einer Decke. Die Liebesaffäre von Identitären und AfD“. In Das Netzwerk der Identitären: Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten, herausgegeben von Andreas Speit, 77–90. Berlin: Ch. Links Verlag, 2018; Fuchs, Christian, und Paul Middelhoff. Das Netzwerk der Neuen Rechten: wer sie lenkt, wer sie finanziert und wie sie die Gesellschaft verändern. Rowohlt Verlag GmbH, 2019; Häusler, Alexander, Hrsg. Völkisch-autoritärer Populismus: der Rechtsruck in Deutschland und die AfD. Hamburg: VSA: Verlag, 2018; die Beiträge zur AfD in: Grigat, Stephan, Hrsg. AfD & FPÖ / Antisemitismus, völkischer Nationalismus und Geschlechterbilder. 1. Auflage. Baden-Baden: Nomos, 2017; Wildt, Michael. Volk, Volksgemeinschaft, AfD. 1. Auflage. Hamburg: Hamburger Edition, 2017; Becker, Andrea, Simon Eberhardt, und Helmut Kellershohn, Hrsg. Zwischen Neoliberalismus und völkischem „Antikapitalismus“: sozial- und wirtschaftspolitische Konzepte und Debatten innerhalb der AfD und der Neuen Rechten. 1. Auflage. Edition DISS, Bd. 43. Münster: UNRAST, 2019.

ii Semsrott, Arne, und Matthias Jakubowski, 2022: „Desiderius-Erasmus-Stiftung / Politische Bildung von Rechtsaußen“. Herausgegeben von Otto Brenner Stiftung, 09-21 siehe die Kapitel 3 bis einschließlich 6.